Für den Winter und das Frühjahr 2023-2024 ist eines meiner Hauptziele, wie es schon seit einigen Jahren war, das Klettern einer 9b. Ein Freund von mir und ein sehr starker französischer Kletterer, Lucien Martinez, erzählte mir vom Pic-St-Loup als einem potenziellen Ort, an dem ich die Route meiner Träume finden könnte. „La Baume des Escargot“ an der Nordwand des Pic Saint-Loup, in der Nähe von Montpellier.
Dieses Klettergebiet bietet zahlreiche, besonders schöne und anspruchsvolle Routen! Darunter zwei potenzielle 9b‘s, ACL und Beyond intégral! Ein weiterer wesentlicher Vorteil dieses Gebietes: es ist nach Norden ausgerichtet und es ist oft windig. Sicherlich nicht ideal, um sich zu bräunen, aber perfekt für meine weichen und schwitzigen Hände (ich schwitze viel an den Fingerspitzen und bin das, was man als "soft-skinned" bezeichnet). In letzter Zeit habe ich festgestellt, dass ich bei der Wahl von südlich ausgerichteten Projekten, viele Hautprobleme hatte. Die Bedingungen am Pic-Saint-Loup sind hingegen trotz der extremen Kälte perfekt für mich geeignet!
Ich war schnell überzeugt und beschloss im November letzten Jahres, zwei Wochen dort zu verbringen und mir die erste Seillänge, Beyond (9a+), als perfektes Zwischenziel zu setzen, auf dem Weg zur 9b. Das Klettern dieser Route ist großartig, körperlich, komplex und anspruchsvoll!
„Ich habe mich schnell in die Schönheit der Route verliebt und beschließe, mich vollkommen auf sie zu konzentrieren, bevor ich mich an die lange 9b-Version wage!“
Trotz ihres anfänglich sehr physischen Aussehens wird mir klar, dass es sich in erster Linie um eine fantastische, technische Kletterei handelt. Sie erfordert die perfekte Beherrschung von Knieklemmern und Dropknee-Techniken, und die zahlreichen Trittmöglichkeiten verlangen eine perfekte Beta.
Um die Schlüsselstellen zu klettern, benötigt man extrem viel Fingerkraft, um Druck auf die kleinsten Leisten zu bekommen, was ich besonders genieße – Full-Crimp!
Was für eine Freude, wieder in diesen Projektier Prozess einzusteigen, nach Details zu suchen, sich beim Zustieg motiviert zu fühlen, beim Nachdenken über die Bewegungen einzuschlafen, ... Nach ein paar Versuchen sind deutliche Fortschritte zu spüren: Ich kann lange Abschnitte der Route klettern. Am letzten Tag dieser zwei Wochen (ca. 7 Sessions) schaffe ich es, vom Start aus, in einem sehr intensiven Versuch, durch die erste Schlüsselstelle.
Meine Unterarme machen völlig dicht und ich stürze ich in der zweiten Crux... Diesmal habe ich nicht genug Ausdauer, ich muss in besserer Form zurückkommen!
Einen Monat später, mitten im Winter, habe ich endlich die Gelegenheit, mit der Route abzurechnen!
Ich habe nur noch wenige Tage bis Weihnachten, um zu feiern und meine sozialen und familiären Verpflichtungen zu erfüllen.
„Ich muss stark und effizient sein, um die Tour in so kurzer Zeit zu klettern.“ Mein erster Versuch auf der Tour ist jedoch sehr vielversprechend:
„Ich fühle mich viel stärker als bei meinem letzten Mal und klettere die Crux mit einer verblüffenden Leichtigkeit! Es ist so ein gutes Gefühl, Fortschritte in einer Route zu machen. Das Gefühl ist fast so beglückend, wie das Durchsteigen eines Projekts.
Das ist eines der Dinge, die ich am Klettern liebe: Man weiß nicht, warum oder wieso, aber plötzlich kann man Bewegungen mit einer gewissen Leichtigkeit ausführen, die man zu Beginn des Projektes kaum klettern konnte.“
In der zweiten Session dieses Aufenthaltes erreiche ich den Umlenker, überraschenderweise stürze ich beim letzten Zug der Crux.
„Ah, das fühlt sich gut an! Ich habe die Züge im Griff! ich muss mich nur weiter anstrengen und konzentriert bleiben - und eines Tages werde ich diesen Griff halten!“
In den nächsten drei Versuchen stürze ich immer wieder bei diesem selben Zug.
Ich fühle mich immer besser, aber jedes Mal bringt mich ein kleiner Fehler dazu aus der Wand in meinen Klettergurt zu stürzen.
Letzter Tag: „Morgen muss ich abreisen! Ich weiß, dass ich es schaffen kann, aber die letzten Sessions haben mich ausgelaugt... Meine Haut schmerzt, die Rückseite meiner Oberschenkel ist von den Kneepads gereizt, ich spüre meinen Muskelkater von den vorangegangenen Tagen. Es wird ein Kampf werden.“
Ich versuche es zum ersten Mal und scheitere erneut an diesem schwierigen Teil der Route.
Beim zweiten Versuch traue ich mich nicht mehr so recht daran zu glauben... Ich denke, ich muss im nächsten Januar wiederkommen, aber ich kann es ja noch ein letztes Mal versuchen... Also klettere ich den Start der Route, ich bin präzise und klettere schnell!
Die erste Crux überstehe ich unter Schmerzen. Als ich den Rest erreiche, spüre ich, wie mein Daumen auf diesem linken Tufa rutscht. Ein kurzer Blick bestätigt, was ich befürchtet habe: Ich habe eine schöne Schnittwunde auf der Haut, und Blut läuft mir den Unterarm hinunter. „Verdammt!“ Ich versuche, das Blut mit dem Chalk zu trocknen, so gut es geht; es funktioniert nicht so ganz. „Na ja - ist schon okay - ich muss damit klarkommen“
Ich klettere aus dieser komplexen Ruheposition mit dem Knieklemmer weiter, mit der festen Absicht, den Zug zu halten.
Ich denke nicht mehr nach. Ich bin in dem Moment und lasse meinen Körper den Rest machen. Jetzt kommt die zweite Crux: Ich sortiere meine Finger in den kleinen leistigen Untergriff, positioniere mein Dropknee und gebe alles, was ich habe!
In einem großen Kampf gelingt es mir schließlich, den glatten Tufa zu greifen, der das Ende des schwierigen Teils der Route markiert. Danach ist es wichtig, konzentriert zu bleiben...
„Jetzt gibt es keinen Spielraum mehr für Fehler!“
Normalerweise ist es viel einfacher; es bleibt noch ein 7c-Teil in der Tour übrig: Züge im Rodeo-Style über einen großen Tufa hinweg! Allerdings spüre ich durch den Stress und die Müdigkeit der Session, wie meine Unterarme langsam zulaufen und dicht machen. Aber jetzt ist nicht die Zeit loszulassen! Ich suche eine letzte Ruheposition, um die Arme so gut wie möglich zu entlasten.
“Nur noch ein paar Meter! Da ist es, ich habe gerade den letzten schweren Zug gehalten!“ Ich genieße die letzten Bewegungen und klippe den Umlenker mit einem Freudenschrei: „ich habe meine dritte 9a+ geklettert!“ Für diese Route waren etwa 13 Sessions erforderlich.
Fortsetzung folgt, für die Kombination "ACL" und seine 9b... Kommen wir im Januar wieder!
Text: Sébastien Berthe
Bilder: Sam Bié
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