Ein lockerer Start am Morgen: um 8.30 Uhr am Einstieg zur Tour, wir erreichten um 11.30 Uhr den riesigen Mittelvorsprung, nachdem wir die abenteuerlichen ersten 7 Seillängen hinter uns gebracht hatten.
Nichts allzu schwierige Seillängen, aber ein gewisses Maß an Konzentration war schon erforderlich, da die Erstbegeher diese Linie ohne viele Zwischensicherungen eröffneten. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, windig und bewölkt, aber kein Regen. Für den Nachmittag war Regen vorhergesagt, aber die hohen Wolken zogen über unsere Köpfe hinweg, so dass wir Glück haben könnten.
Wir kletterten beide die 7b+ und 7b und erreichten die Schlüsselseillänge der Route. Nun begannen die Nerven zu flattern und wir standen vor einem Dilemma: "Wer geht zuerst?".
Seb kommentiert: "Irgendwie, auch wenn die Idee beängstigend und vielleicht etwas zu ehrgeizig ist, denken wir beide, dass ein Flashversuch machbar ist. Derjenige, der zuerst geht, wird höchstwahrscheinlich beim ersten Versuch scheitern, weil es ihm an Chalkspuren und Infos mangelt, und er wird natürlich auch einiges an Arbeit leisten müssen: Beta finden, Griffe bürsten,... dadurch Haut verlieren und müde werden, was natürlich der Schlüssel zum Erfolg bei einem eintägigen Push-Versuch ist."
Siebe: "Schere, Stein, Papier wäre in meinen Augen eine feige Lösung, um eine ernsthafte Entscheidung zu vermeiden."
Seb: "Nach ein paar Minuten Redens und Zögerns spricht Siebe seine Meinung aus, entschlossen: Er wird zuerst gehen, um mir die beste Chance für einen Flash zu geben. Das ist wirklich ein echtes Geschenk von ihm und ich bin ihm sehr dankbar! Das Flashen von Multipitches und Bigwalls ist ein komplexes und anspruchsvolles Spiel, das mir besonders viel Spaß macht. Die Möglichkeit zu haben, einen Flashversuch an einer harten Multipitch zu machen, ist selten und unbezahlbar."
Siebe: "Ich wusste, dass meine Chancen, die Seillänge zu flashen, geringer waren als die von Sébastien, also dachte ich mir, ich könnte einen guten Onsight-Versuch machen, mit der Option zu stürzen und mir alle Züge für einen perfekten zweiten Versuch zu merken. Auf diese Weise würde ich auch alle Griffe markieren und die Betas zum Flashen von Seb so gut wie möglich finden!"
Seb: "Er hat die Schuhe an, los geht's! Sein Onsight-Versuch ist alles andere als schlecht. Es ist schon beeindruckend, wie er die erste Crux klettert, dann die zweite und wie er an der dritten hart arbeitet und nicht aufgibt... bis ihn die Schwerkraft leider besiegt. Wahrlich inspirierend!
Seb: "Nach seiner "Arbeit" kommt er wieder zu mir und erklärt mir die letzten Details. Ich bin dran! Ich fühle mich gestresst, aber aufgeregt. Die Motivation zwischen uns ist hoch und Siebes stolzer Versuch spornt mich an, hart zu kämpfen. Ich beginne zu klettern und spüre seine starke Unterstützung, stärker als je zuvor. Ich habe das Gefühl, er will es genauso sehr wie ich. Ich kämpfe in der ersten Crux, atme, kämpfe wieder weiter in der zweiten Crux, konzentriere mich, klettere gut in der dritten, schüttle meine aufgepumpten Unterarme. Die letzte lange Crux liegt über mir: Ich weiß genau, was ich zu tun habe, und ziehe es durch. Das war knapp: Fast hätte ich den Griff verpasst, Siebe schreit mich an! Jetzt kämpfe ich richtig, noch drei Züge! Noch zwei. Ich schreie mich an, kräftig. Ein Zug noch. Die Ellbogen sind hoch, ich schaffe es, den letzten Griff zu halten! Ich kann nicht glauben, dass ich immer noch an der Wand bin und die Kette dieser Seillänge Clippe, wie ich es nennen würde, ein herausragender "Flash-Teamwork". Ich bin glücklich, stolz und dankbar."
Siebe: "FLASH! Er hat es geschafft, ich war super aufgeregt! Ich konnte es kaum erwarten, ihn runterzuholen, weil ich den Drang verspürte, das Gleiche zu tun, so zuversichtlich war ich. Der Regen blieb aus und die Sonne kam sogar ein bisschen raus, zum Glück war es fast 17 Uhr und die Seillänge lag schon fast im Schatten. Ich legte los, kletterte sauber und perfekt, surfte auf den «send Vibes» von Seb und kletterte zum Umlenker.
Ein großer Freudenschrei wurde von Sébs lautem Lachen begleitet und einige weitere Leute im Refugio Vega Huerta feierten mit uns. Es war 17 Uhr und wir kletterten weiter zum Gipfel. Zwei weitere spannende Seillängen, die selbstabgesichert werden müssen, stellten uns vor einige Herausforderungen, aber wir schafften es. Der Messerscharfe und Rauhe Fels machten das Klettern langsam sehr schmerzhaft. Wir erreichten den Gipfel um 19:30 Uhr und stiegen über die Nordseite ab.
Es ist aufregend, harte Mehrseillängen in einem "one day- first day-Push» zu klettern. Seb ist der Meister in diesem Stil, und auch ich habe mich dieser Herausforderung gerne gestellt!
Ein großes Dankeschön an Kico Cerda, Iker und Eneko Pou für diese fantastische Route und das teilen von Informationen an uns.
Es war ein weiterer großartiger Klassiker in den Pico's."
Siebe Vanhee und Sébastien Berthe
Fotos: Frank Kretschmanm
Ihr Warenkorb ist leer.