Die Ausrüstung
»Los geht’s mit dem Helm, der sollte sowohl gegen Steinschlag als auch Anprall schützen, deshalb wählt man am besten ein In-Mold-Modell«, sagt Peter. Will man den Helm während Zu- und Abstieg im Rucksack verstauen, muss dieser entsprechend viel Stauraum bieten. »Der Rucksack sollte nicht zu groß und damit schwer und hinderlich sein, sondern zur Tour passen«, sagt Peter, der mit 20 bis 30 Litern gut zurechtkommt. Neben der Klettersteigausrüstung muss Regenschutz, vielleicht etwas Warmes zum Überziehen oder ein Wechselshirt sowie Essen und Trinken mit. Auch Kleinkram wie Erste-Hilfe-Set, Handy, Geldbeutel etc. will verstaut sein.Die Auswahl an Klettergurten ist fast unerschöpflich. »Für einen Klettersteig braucht man keinen sonderlich gepolsterten Gurt, weil man in der Regel nicht lang im Gurt sitzt.« Anfängern empfiehlt der Bergführer, ein Modell mit verstellbaren Beinschlaufen zu nehmen, um die Weite an die Kleidung anpassen zu können. »Ansonsten gilt: je anspruchsvoller und länger die Tour umso leichter sollte der Gurt sein.«
Das Klettersteigset ist der einzige Ferrata-spezifische Ausrüstungsgegenstand. Peter Albert bezeichnet es lieber als »Notfallauffangsystem« denn das als Sicherung. »Es verhindert einen weiten Sturz, aber ausprobieren möchte man das nicht.« Bei sehr leichten Personen und Kinder ist unbedingt darauf zu achten, dass das Modell für das Körpergewicht zugelassen ist. »Andernfalls löst es nicht ausreichend aus. Der Bremsweg wird zu kurz und der Sturz extrem hart«, betont Peter. Kleine Kinder sollte man zusätzlich mit einem Seil (oder dem speziellen Ferrata Belay Kit von Edelrid) sichern. Wovon der Bergführer energisch abrät, sind selbst gebaute Konstruktionen aus Bandschlingen und Karabinern. »Wir haben das mal getestet und einen 80 Kilo schweren Reifen in eine Dyneema-Bandschlinge fallen lassen, teils ist die Schlinge gerissen, teils hat sie die Anseilschlaufe gekappt!«
Auch die Karabiner der aktuellen Klettersteigsets sind genormt. Sie dürfen bei Aufprall beispielsweise nicht aufgehen. Beim Kauf sollte man darauf achten, dass man den Karabiner gut bedienen kann. Das gilt besonders für Kindern und Menschen mit kleinen Händen.
Apropos Hände: Handschuhe schützen vor Verletzungen an Drahtstücken, die aus dem Stahlseil herausstehen sowie vor Blasen und Schwielen. Handschuhe mit gutem Grip helfen außerdem, sich über längere Zeit kraftsparend festzuhalten. »Das müssen gar nicht unbedingt die teuren aus dem Sportgeschäft sein, gummierte Arbeitshandschuhe erfüllen den Zweck genauso«, sagt Peter.
Auch bei den Schuhen kommt es auf den Grip an. »Bequem, leicht und sticky«, also klebrig, sollen sie sein. »Beliebte Klettersteige sind schon mal glattpoliert, da kommt es auf eine ordentliche Sohle mit guter Reibung an. Bei Steigen mit vielen Klammern ist eine steife Sohle hilfreich.« Bei Tal-nahen Sportklettersteigen greift Peter zu niedrigen Schuhen, bei alpineren Unternehmungen – oder wenn in der Übergangszeit mit Schnee und Steigeisen-Bedarf zu rechnen ist – zu stabileren (Steigeisen-kompatiblen) Stiefeln mit hohem Schaft.
Die Anwendung
Dann kann ja nix mehr schiefgehen, oder? »Es gibt beim Klettersteigset tatsächlich wenig Möglichkeiten zur Fehlanwendung, aber eine ist extrem folgenreich und leider weit verbreitet: Viele hängen in einfachen Passagen, in denen sie sich sicher fühlen, einen Arm an den Gurt statt ans Stahlseil. So funktioniert aber der Auslösemechanismus nicht mehr.« Das ist der Moment, wo Peter in den Keller springt und anschließend den »Kurzschluss« des Klettersteigsets zeigt – gar nicht so einfach die Spannweite von knapp zwei Metern mit der Laptopkamera einzufangen. Ist ein Karabiner am Gurt fixiert, blockiert dies das vollständige Aufreißen des vernähten Bandmaterials im Bandfalldämpfer, statt des Dämpfers nimmt der Körper die Sturzenergie auf und wandelt sie durch Verformung um. Autsch. Quintessenz daher: Die Fangarme müssen immer parallel sein, also beide Karabiner ans Seil oder den einen – falls vorhanden – in die kleine Öse am anderen Karabiner. Ein kleiner Trick des Bergführers: »Wenn der Karabiner da nicht durchpasst, kann man sich ein Stück Reepschnur durchfädeln und den Karabiner darin einhängen. So kann man einfache Passagen zügig passieren.« Hat man nur noch einen Klettersteigarm in Benutzung, fehlt die Redundanz beim Umhängen des Karabiners zwischen den Klettersteigsegmenten. »Das Weglassen eines Arms ist immer eine Abwägung von meinem persönlichen Sicherungsbedarf und Zeitersparnis, denn auch wenn ich zu lange brauche, kann es gefährlich werden.« Stichwort: Tourenplanung und Selbsteinschätzung.Am besten kommt man im Klettersteig nie an seine Grenzen. Klettern am langen Arm und gute (Fuß-)Technik helfen, Kraft zu sparen. Braucht man doch mal eine Pause oder gibt es Stau, kann man sich zum Rasten mit Schulter und Arm zwischen Drahtseil und Fels klemmen. Hilfreich sind hier Klettersteigsets mit einem dritten Ast, einem kurzen Rastarm. Die gleiche Funktion erfüllt eine zusätzlich in die Anseilschlaufe des Gurts eingebundene Bandschlinge mit Karabiner. Die Bandschlinge muss man vor dem Weiterklettern aber unbedingt wieder lösen, da man bei einem Sturz sonst in die Bandschlinge und nicht das dafür ausgelegte Klettersteigset fällt. Steigklemmen, wie sie beispielsweise Sets von Skylotec haben, erlauben auch ein Reinsetzen in der Mitte des Seilsegments.
Hat man sich doch mal ruckartig in den Gurt gesetzt, empfiehlt Peter, nach der Tour zu kontrollieren, ob der Bandfalldämpfer aufgerissen ist. »Das sollte man eh ab und an überprüfen.« Ist die Naht im Bandfalldämpfer beschädigt, muss das Set ausgetauscht werden, ebenso, wenn das Material grobe Abnutzungsspuren zeigt. »Bei intensivem Gebrauch muss man das Klettersteigset häufig ersetzen, aber auch bei seltener Verwendung kann es wegen der Haltbarkeit des Bandmaterials nach zehn Jahren getrost in die Tonne. Alles andere wäre Sparen an der falschen Stelle.«
Natürlich muss ein Schuh immer vor allem zum eigenen Fuß passen, aber sich auch für die anvisierte Tour eignen. Er sollte (im weniger alpinen Gelände) nicht übertrieben schwer und klobig sein, aber dennoch Halt bieten. »Bequem, leicht und sticky« – diesem Anspruch an einen guten Klettersteigschuh wird der Mescalito von Scarpa gerecht. Dank der Kombination aus dynamischer, dämpfender Zwischen- und Laufsohle aus Vibram Megagrip Gummi bietet der Zustiegsschuh sowohl ein angenehmes Gehgefühl als auch guten Halt am Fels. Die von Kletterschuhen inspirierte lange Schnürung sorgt für perfekten Sitz und ideale Kraftübertragung auf kleinen Tritten. Ein umlaufender Gummirand und robustes Material versprechen ein langes Leben, Wasser-abweisendes Leder und schnell trocknendes Stretch-Innenfutter für angenehmes Fußklima, auch bei schnellen oder feuchten Zustiegen.
Text: Franziska Haack
Bild: Peter Albert