Ende September zeigt sich uns auf den Wetterkarten ein Wetterfenster, wie es sie hier kaum gibt: Fast 10 Tage lang gutes Wetter und ohne Wind. Somit öffnet sich uns die Möglichkeit die Weite des Eisfelds zu betreten.
Mit extrem schweren Rucksäcken mit unseren Ski, Schlitten, Zelt, Schlafsack, Essen und gut ausgerüstet gegen Kälte laufen wir am Rio Electrico entlang in das Tal hinein. Die Rucksäcke sitzen schwer auf unseren Hüften und laden unsere Schultern mit der Last. Langsam kommen wir voran und müssen immer wieder die Lasten absetzen, um zu ruhen. Zum Glück erreichen wir am ersten Tag schon nach vier Stunden den einsamen Strand "Playita", an dem wir zelten. Es ist noch Winter und sobald es dunkel wird, bekommen wir dies noch deutlicher zu spüren.
Am nächsten Tag schultern wir wieder unsere schweren Rucksäcke, um in Richtung Gletscherzunge zu laufen. Jetzt geht es im unwegsamen Gelände bergauf und jeder Schritt nach oben erfordert viel Kraft.
Wir sind sehr erleichtert, als wir endlich am Anfang des Gletschers angelangen, um unsere Ski anzulegen und die Rucksäcke auf den Schlitten zu ziehen. Einige Stunden laufen wir so weiter, bis wir zu einer einfachen Schutzhütte am Fuße des Gorra Blanca gelangen. Von hier öffnet sich eine beeindruckende Sicht auf die Weite des patagonischen Inlandeis. Ganz in der Ferne ist der Gipfel des Lautaro zu sehen, mit 3620m der höchste Berg in dieser Region.
Die Tage sind noch kurz und so ziehen wir im Morgengrauen los auf die Eiswüste. Von jetzt an laufen wir weitestgehend flach, immer geradeaus durch eine einsame weisse Weite. Wir laufen stundenlang und doch kommt unser Berg nicht näher. Die Dimensionen hier sind riesig und weit.
Begleitet von einem unglaublichen Wetter ohne Wind und mit wärmender Sonne schieben wir unsere Ski einen vor den anderen und ziehen unsere Schlitten über das Eis. Das Gefühl für Zeit und Distanz geht verloren: Kurze Pausen zum trinken, essen und Schneeschmelzen und weiter geht es durch die Eiswüste. 27km legen wir zurück bis wir an den Fuss des eindrücklichen Lautaro kommen. Hier graben wir eine Plattform in den Schnee um unsere Zelte geschützt vor dem Wind aufzustellen. Wir wissen, dass hier das Reich des Windes ist und dass dieser schnell und plötzlich aufkommen kann. Wir treffen alle Maßnahmen um nicht überrascht zu werden. Die Kälte hier, umgeben von Eis ist beissend, alles gefriert. So haben wir Schwierigkeiten, am nächsten Morgen in die hart gefrorenen Schalen unserer Ski/Snowboardschuhe zu steigen. Von hier an sind wir mit leichten Rucksäcken unterwegs. Es geht jetzt aufwärts und schnell können wir die ersten grossen Gletscherspalten erahnen, die uns zum Anseilen zwingen. Der Moment des Sonnenaufgangs ist einmalig und lässt am Horizont Fitz Roy und Cerro Torre rosa erscheinen.
Wir haben gute Bedingungen und können bis zum Vorgipfel mit Ski gehen, auch wenn das letzte Stück ein Balancieren zwischen Eis und großen Windformen ist. Wir bekommen, je höher wir steigen, desto mehr Sicht auf die unendliche Weite dieser Gletscherlandschaft. Wir sind unglaublich beeindruckt, auf der anderen Seite bis auf die Fjorde Chiles schauen zu können: Auf dunkelblauem Wasser schwimmen dort Eisberge im Meer, atemberaubend.
Vom Vorgipfel gehen wir mit unseren Steigeisen weiter durch harten Schnee, der vom Wind in wilden Formen nach oben steht. Geruch nach Schwefel macht sich breit und es tun sich plötzlich Spalten und Löcher im Schnee auf, die durch die Wärme entstanden zu sein scheinen. Über eine riesige Spalte gelangen wir auf eine Fläche, die wohl den Krater des Vulkans bildet. Wir überqueren diesen, um auf der anderen Seite hoch zum Gipfel zu steigen. Dabei passieren wir große Löcher, aus denen Rauch entweicht, beeindruckend. Die letzten Meter hoch zum Gipfel müssen wir erklettern im fast vertikalen Schnee des Gipfels Eispilz.
Es scheint, dass wir in einer anderen Welt sind, weit oben über einem Wolkenmeer, das ununterbrochen in das Inlandeis übergeht. Zudem ist es nach wie vor windstill, was auf diesem Gipfel wohl nur ganz wenige Tage im Jahr passiert.
Wir genießen die wärmenden Sonnenstrahlen mit einer kurzen Pause und machen uns an den Abstieg. Sobald wir unsere Skier erreichen, geht es schneller. Allerdings ist der erste Hang mit vielen Windformen durchsetzt, was das Skifahren erschwert.
Als die Fläche dann einheitlicher wird, ist das Skifahren richtig gut und das in einem unglaublichen Ambiente mit Blick auf Cerro Torre und Fitz Roy in der Ferne.
Die Abfahrt ist lang und interessant durch die Gletscherspalten hindurch und wir können es genießen, den schnellen Weg herunterzunehmen. Unser Zelt liegt schon im Schatten, als wir dort am Abend überglücklich unsere Ski abschnallen.
Am nächsten Tag ziehen wir wieder unsere Schlitten 27km über das Eis zurück zum Biwak gorra blanca um dann am nächsten Tag bis zum Gletscher Ende abzufahren, wo wir unser Material wieder schultern müssen um aus dem Tal heraus bis Piedra del Fraile laufen: In Sechs Tage haben wir 125km zurückgelegt.
Text: Caro North
Bild: Kiff Alcocer, Tamara Lunger
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